Farbenvielfalt

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„WIE DIE FEDERN EINES PFAUS“: MOSAIKDECKE AUS GRÜN, WEIß UND GOLD

Interview mit Stephen Perry, Hamburger Architekt und Restaurator zur Farbgebung im BRAHMS KONTOR

 

Herr Perry, Sie haben die aufwändige Restauration des BRAHMS KONTORs durch das Architektenbüro KPW federführend begleitet. Wodurch zeichnet sich das Denkmal besonders aus - insbesondere mit Blick auf seine Farbigkeit?
Stephen Perry:
Besonders ist das Denkmal schon allein aufgrund seiner faszinierenden Gegensätze. Hinter der monolithisch wirkenden braunen Backsteinfassade vermutet niemand ein solch farbenprächtiges schimmern¬des Art déco-Foyer. Der Empfangsbereich, die Vorhalle und auch die Treppenhäuser sind geradezu prunkvoll und wirken mit ihren Farben, Mustern und Gestaltungslinien von allen Seiten auf den Betrachter ein. 

Welche Farben hat das BRAHMS KONTOR und wofür stehen sie?
Stephen Perry: Die wundervollen Farbtöne sind aus der Palette des Art déco, eines Stils während der Entstehungszeit des Gebäudes 1929 bis 1931. Wir haben eigentlich alle Farben hier vertreten: Ob Gelb, Rot, Grün, Blau, Grau, Silber, Gold, Braun, Schwarz, Weiß – die Architekten Sckopp und Vortmann haben nichts ausgelassen. Sowohl diese Farben als auch die hoch belastbaren und moder¬nen Materialien an den stark frequentierten Stellen des Hauses wurden ganz bewusst inszeniert. Die Aussage hieß: Hier investieren wir in Opulenz! Hier gehen weit über die Normalität hinaus.

Was heißt „weit über die Normalität“ hinaus?
Stephen Perry: Der Stil des BRAHMS KONTOR im Innenbereich ist – im Hamburger Kontext gesehen – außerge¬wöhn¬lich. Eher bekannt war die Faszination der Norddeutschen für den Backstein-Expressionismus und die damit verbundene bodenständige Gestaltung. Die exotische Designwelt des Art déco, das Schwelgen in Luxus und Schönheit, blieb Hamburg zum größtenteils fern. So ist das BRAHMS KONTOR eines der seltenen Art Déco-Dokumente in Hamburg.

Überraschendes Farbspiel - welche Kontraste und Farben finden sich im Foyer? 
Stephen Perry: Die Farben im BRAHMS KONTOR spiegeln die Stilrichtung der zwanziger Jahre wieder. Besonders hervorzuheben ist die Mosaikdecke in der Halle des Haupteingangs, mit dem abstrakten, pastellfarbenen Grau-Grün-Weiß aber gleichzeitig geordnetem Design. Goldene Mosaiksteine veredeln das Gesamtbild, wie das 'Auge in der Feder eines Pfaus'. Gold heißt Luxus, eine Aussage aus den Goldenen Zwanzigern. 

Vorherrschend ist die Farbe Rot - wie erklären Sie das?
Stephen Perry: Ja, rot ist sehr aktivierend und energetisch. Die seitlichen Wände im Eingang bestehen aus feuerroten Keramiktafeln mit freier Brandmarkierung aus blauschwarzen Wolken. Sie sind orthogonal verziert durch edle, silbergold-graue horizontale Bänder. Die mondänen Bauteile wie Handläufe und Fensterrahmen etc. sind aus Tombac geformt, einer neuartigen Kupfer-Zink-Legierung. Dieser Kontrast schafft ein elegantes Wechselspiel zur bunten Welt der Wände und Decken.

Aber auch Blau ist eine wichtige Farbe – wofür steht sie?
Stephen Perry:
An der hinteren Wand der Eingangshalle sind grünblaue Pfeiler in geformten Keramikfliesen mit goldenen Intarsien, sie bilden einen Wasserfall von Farben – wie eine Bühnenkulisse. Das kühlere Grünblau beruhigt die Augen wieder. Das Motiv dient als Hintergrund für das Entree und ist damit sehr theatralisch inszeniert.

Gibt es neben den farbigen Kacheln auch eine besondere Glaskunst?
Stephen Perry: Die Glasschnittkunst mit geometrischen Motiven und ihrer schlichten Form entspricht dem Stil der Zeit. Das Spiel zwischen geriffeltem Ornamentglas und Feldern aus Gussglas bildet eine interessante Musterung: Beleuchtet vom Tageslicht des Hinterhofs erscheint diese Glaskunst wie ein abstraktes Bild.

Sie nennen den Treppenaufgang einen „Fliegenden Teppich“, warum?
Stephen Perry: Die Treppe vom Eingang in das erste Obergeschoss präsentiert sich 'im Raum' wie ein gigantisch fliegender Teppich. Die Braunstreifen, Leitlinien der Keramikklinker, sind dunkler und geerdet und stehen in Einklang mit der äußeren Fassade des BRAHMS KONTOR. Die farblich stark abgesetzten, ja sogar schrill wirkenden, kontrastierenden weiß-rot-schwarzen Farbschienen heben diesen 'Teppich' vor unseren Augen vom Boden ab. Ja, durch die Farben 'fliegt' dieser Teppich wirklich.


Das Interview mit Stephen Perry führte Vera Bacchi für das BRAHMS KONTOR anlässlich des Denkmaltages im Jahr 2014 zum Thema Farbe.

 
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